Die Löwin
Neo-Nationalrätin Sibel Arslan (Grüne) aus Basel findet sich seit Herbst 2015 in einem rechtsbürgerlich dominierten Parlament wieder. Sie weiss wie es sich anfühlt, wenn einem der Wind aus dieser Richtung ins Gesicht weht.
Die Fotografin Eleni Kougionis verfolgt die Politikerin Sibel Arslan von Basels starker Alternative BastA! seit Längerem mit Interesse. Zu dieser Helvezin-Serie hat sie sich für ein Porträt über die grüne Politikerin entschieden und sie während einiger Tage im Sommer 2016 begleitet.
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Auf den Schultern der Seconda aus Kleinbasel lasten die Erwartungen Vieler, besonders auch die einer in Basel grossen Gemeinschaft. Bei einem Kindergeburtstag landet Sibel irgendwann in einem Schrebergarten. Die Nationalrätin wird mit besten Wünschen und sackweise erntefrischem Gemüse überhäuft [1]. Die Laubenkolonie ist keinesfalls nur Zeitvertrieb. Einige bewirtschaften ihre Parzellen quasi auf Selbstversorger-Niveau, in Teilen Basels sind die finanziellen Verhältnisse nicht selten eng. Ganz im Gegenteil zu den gesellschaftlichen. Wohl nirgendwo ist die Schweiz so vielfältig, so sehr Europa wie hier. Sibel Arslan ist in diesem Milieu und zwischen Menschen unterschiedlichster Herkunft aufgewachsen. Als Kind und Jugendliche hat sie viel Freizeit auf dem Platz bei der Matthäuskirche verbracht [5].
Sie kennt die Sorgen und Nöte der Menschen und versucht, in Bern als Volksvertreterin Zählbares zu erreichen. Dass das ihre Ratskollegen und Kolleginnen auch tun, liegt in der Natur der Sache. Und dass nicht alle gleicher Meinung sind ebenfalls. Bisweilen spitzen sich die Auseinandersetzungen aber hässlich zu und geraten ausser Kontrolle. Im Bundeshaus trifft Sibel regelmässig auch auf den Journalisten der Baz, der Ende 2014 eine wackeligen Beinen ruhende Kampagne gegen sie gefahren hat. Das eigentliche Ziel war wohl der grüne basellandschaftliche Regierungsrat Isaac Reber, Vorsteher der kantonalen Sicherheitsdirektion. Und der passt der mittlerweile nationalkonservativen Basler Zeitung nicht in den Kram. Die Zutaten waren schwammige Anschuldigungen, diffuse Zweifel und schliesslich die Frage der Tauglichkeit von Sibel Arslan als Kantonsangestellte und Politikerin ganz allgemein. Wenn Dreck durch die Luft geschleudert wird, bleibt immer etwas kleben. Sie konnte die neue Stelle schliesslich nicht antreten. Ein Bauernopfer also. Keine zwölf Monate später war dann die Wahl in den Nationalrat ein süsser Erfolg über den bissigen Wind von rechts. Dort sitzt die gelernte Juristin in der einflussreichen APK, der Aussenpolitischen Kommission, sowie in der Kommission für Rechtsfragen. Mehr dazu am Artikelende.
Sibel Arslan politisiert als kurdische Seconda aus einer grossen Schweizer Stadt pointiert für die Schwachen der Gesellschaft. Sie tritt an unterschiedlichen Anlässen auf und stellt sich bei der Veranstaltung schützend vor die LGBT-Community [3]. Sie spricht an einer Kunstvernissage über Randständige am Claraplatz und Atommeiler in Fessenheim [4]. Und am Gewerkschaftskongress setzt sie sich für Lohngleichheit und Vaterschaftsurlaub ein [2]. Sibel Arslan ist gefragt und wird zahlreichen Anforderungen auf den unterschiedlichsten Bühnen gerecht.
Aber eine Episode zeigt vielleicht am deutlichsten, um was es Sibel Arslan in der Politik geht: Im Bus wird sie von Jugendlichen mit Migrationshintergund erkannt und angesprochen. Sie legt den Kids eindringlich ans Herz, es ihr gleichzutun und sich zu engagieren in der Gesellschaft. Und vielleicht nützt dieser kurze Augenblick mehr als jede Kampagne.
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MEDIENSPIEGEL
- «Schulden und Qualifikationsmängel» | von Christian Keller, Baz | 29.11.2014
- «Sibel Arslan muss ihre Schulden zurückbezahlen» | von Christian Keller, Baz | 02.12.2014
- «”Fall Arslan” erledigt, Betreibungen eingestellt» | von Andreas Schwald, TagesWoche | 06.12.2014
- «Sibel Arslan erhält die Stelle nicht» | Baz | 08.12.2014
- «Sibel Arslan übernimmt befristete Juristenstelle» | von Andreas Schwald und Jasmin Schraner, TagesWoche | 08.12.2014
- «Frau Arslan war sehr enttäuscht» | Alessandra Paone, Baz | 09.12.2014
- «Ob mit oder ohne Arslan: Reber pokert hoch» | von Andreas Schwald, TagesWoche | 09.12.2014
- «Ich komme jedes Mal gestärkt aus diesen Geschichten heraus» | von Yen Duong, TagesWoche | 26.03.2015
- «Wie eine erfolgreiche Politikerin zum Medienopfer wurde» | von Christoph B. Keller, SRF | 06.06.2015
- «Sibel Arslan ist erste Kurdin im Nationalrat» | von Urs Helbling, Blick | 20.10.2015
- «Nur kein Sonderfall sein» | von Daniel Gerny, NZZ | 03.11.2015
- «Sibel Arslan trotzte der Medienschelte» | von Peter Siegenthaler, swissinfo.ch | 05.01.2016
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